Nicht alle Turniere sind abgesagt

Vom 20.11.2021 bis 23.11.2021 fand in Undeloh in der Lüneburger Heide das 20. Senioren-Derby, ausgerichtet vom Förderkreis der Senioren im DSB, statt und ich war dabei.

Nachdem jetzt die Berichterstattung der deutlich interessanten WM beendet ist, möchte ich noch einen Bericht zum Senioren-Derby mit Euch teilen.

Nicht jeder wird schon von dem seit 2002 jährlich stattfindendem Senioren-Derby gehört haben. Also erläutere ich kurz das Senioren-Derby und die Zielgruppe.

Was ist das Senioren-Derby?

Das Senioren-Derby wird von Förderkreis der Senioren im DSB ausgerichtet. Dieser Förderkreis ist ein eigenständiger eingetragener Verein, der ärmeren Senioren durch finanzielle Unterstützung die Teilnahme an Schachturnieren ermöglicht und die Ausrichtung von Schachturnieren für Senioren unterstützt.  Wer mehr zum Förderkreis der Senioren im DSB wissen möchte, kommt hier zur Homepage des Förderkreises.

Das Senioren-Derby ist ein Jahrgangsturnier. Teilnahmeberechtigt sind alle Mitglieder des DSB, die im betreffenden Jahr 60 Jahre (Männer) oder 55 Jahre (Frauen) alt werden.
Man kann also nur einmal im Leben am Senioren-Derby teilnehmen (und dieses gewinnen).

In früheren Jahren wurden alle entsprechenden Mitglieder vom Förderkreis persönlich angeschrieben. Der Aufwand dafür war aber enorm, zumal die dem DSB vorliegenden Kontaktdaten nicht immer aktuell sind und zwischenzeitlich auch der Datenschutz den Rückgriff auf die Mitgliedsdaten des DSB verhindert.

Daher gehen aktuell die Einladungen als Ausschreibungen an die Landesverbände zur Information Ihrer Mitglieder. Ferner wird über den DSB und bei Seniorenturnieren Werbung für das Senioren-Derby gemacht.

Informationsverbreitung zum Senioren-Derby

Bei mir war es aber nicht der Landesverband oder der Verein, über die ich die Info erhielt. Vielmehr hatte mich der aktuelle Präsident des Fördervereins der Senioren im DSB, Martin Sebastian aus dem Berliner Landesverband, bei der 37. offenen Berliner Senioren-Einzelmeisterschaft vom 08. bis 16.06.2021, zu der es auch einen Bericht auf unserer Homepage gibt (hier ist der Link), darauf angesprochen und die Ausschreibung verteilt. Nach einigen Tagen Bedenkzeit hatte ich mich dann angemeldet und mir eine Unterkunft im Spiellokal gebucht.

In den Vorjahren bis 2019 hatten in der Regel mehr als 40 Schachspielerinnen und Schachspieler am Senioren-Derby teilgenommen. Bei meinem Jahrgang gab es, vermutlich auf Grund der besonderen Umstände, nur 26 Anmeldungen. Da aber Pandemie-bedingt im Jahr 2020 kein Seniorenderby durchgeführt werden konnte, wurde dieses Jahr neben dem regulär durchgeführten diesjährigen Turnier parallel auch das Jahrgangsturnier des Vorjahres nachgeholt.

Veranstaltungsort und Spielbedingungen

Der Veranstaltungsort Undeloh ist ein kleiner Ort mitten in der Lüneburger Heide,
ca. 1 h Fußweg von der höchsten Erhebung der Lüneburger Heide, dem Wilseder Berg entfernt. Im Sommer ist die Heidelandschaft besonders schön und dieser Flecken Deutschlands von wandernden und Rad- oder Kutsche fahrenden Touristen hoch frequentiert. Kurz vor der Adventszeit hat die Landschaft auch noch einen gewissen Reiz und man kann dort die Natur und Ruhe genießen (was auch noch einige Gäste machten). Es ist natürlich aber kein Vergleich zur Sommerzeit.

Ich war ja aber nicht vorrangig zum Wandern durch die Natur angereist, sondern zu Duellen am Schachbrett. Die Betreiber des Undeloher Hofs hatten in Abstimmung mit dem Förderkreis bis zuletzt dafür gekämpft und das ihrige dazu beigetragen, trotz steigender Inzidenzen das Turnier durchführen zu können. Bei der Anreise wurde gewissenhaft das Vorliegen der benötigten Nachweise der Teilnehmer geprüft. Der Spielsaal im Undeloher Hof (eine Art Wintergarten) war den besonderen Umständen entsprechend hervorragend für die Turnierdurchführung hergerichtet (Einzeltische mit ausreichend Abstand etc.). Lediglich die Lichtverhältnisse waren etwas gewöhnungsbedürftig.

Der Wintergarten als Spielsaal
Der Spielsaal im Wintergarten des Undeloher Hofs


Und auch die Verpflegung und sonstige Betreuung des Turniers war vorbildlich.

Obstkörbe zur Selbstbedienung im Spielsaal


Der Turnierverlauf des Senioren-Derby

In erster Linie war mein Ziel, wieder ernsthafte Partien bei normaler Bedenkzeit am Brett mit Gleichgesinnten zu spielen. An zweiter Stelle stand natürlich das Bestreben, schöne Partien zu spielen und möglichst keine Partien durch grobe Fehler wegzuwerfen, wie es mir bei der Berliner Senioren-Einzelmeisterschaft unterlaufen war. Und schließlich wollte ich nach Möglichkeit meinen Startranglistenplatz nicht unterschreiten und auch meine DWZ nicht verschlechtern, also die üblichen Ziele.

Bei den zunächst angemeldeten 26 Spielern meines Jahrganges lag ich von der TWZ an 10. Stelle und stellte mich darauf ein, in der 1. Runde einen Gegner vom unteren Ende der Rangliste zugelost zu bekommen.


Runde 1

Von den angemeldeten 26 Spielern meines Jahrganges nahmen schließlich nur 16 teil. Dadurch rutschte ich auf den 5. Platz der Startrangliste vor, spielte demgemäß in der 1. Runde an Brett 5 und hatte entsprechend die Nr. 13 als Gegner. Da die TWZ meines Gegners mit 1537 ca. 350 geringer war als meine, war ich haushoher Favorit und ein Sieg meinerseits hoch erwartet.

In dieser Ausgangssituation ließ ich mich dazu verleiten, mit den schwarzen Figuren frühzeitig die Entwicklung zu vernachlässigen und einen Springer gegen einen Läufer tauschen zu wollen. Dies wiederum provozierte meinen Gegner, im 6. Zug diesen Läufer auf f7 zu opfern, meine Rochade zu zerstören und einen Angriff gegen meinen König zu starten (in der kurzen Analyse später sagte mein Gegner, dass er lieber diesen Angriff versuchen wollte, als sich langsam überspielen zu lassen). Da aber die Figuren meines Gegners auch nur bedingt entwickelt waren, konnte der Angriff nicht durchschlagen.

Runde 1 – Stellung nach 6. Lxf7

Ich hatte vermutlich nicht die besten Verteidigungs- und Entwicklungszüge gemacht und meinem Gegner die Chance gegeben, noch einen zweiten Bauern gegen die Figur zu bekommen. In seinem Drang, meinem König an den Kragen zu gehen oder zumindest Material zu gewinnen, ignorierte mein Gegner, dass ich zwischenzeitlich Gegendrohungen aufgebaut hatte und als nach meinem 11. Zug Damenverlust unvermeidlich war, gab mein Gegner auf. So war meine Partie nach ca. einer Stunde als erste beendet.


Runde 2

Nach dem Sieg in Runde 1 hatte ich in der 2. Runde einen Gegner vom oberen Ende der Startrangliste erwartet. Da aber an den anderen Brettern sich nicht immer die Favoriten durchsetzen konnten, hatte ich in der 2. Runde an Brett 4 nochmals einen Gegner aus dem hinteren Bereich der Setzrangliste. Einerseits war ich bei einer TWZ meines Gegners von 1581 wieder um ca. 300 Punkte besser und klarer Favorit. Andererseits hatte dieser schon in der 1. Runde als Außenseiter einen nach Papierform ca. 250 Punkte stärkeren Gegner bezwungen. Ich war also gewarnt.

Auch in der 2. Partie, diesmal mit den weißen Steinen, hatte ich nicht die besten Eröffnungszüge gemacht und mein Gegner leichten Ausgleich. In der Folge versuchte ich, meine Figuren vor einer Stellungsöffnung besser zu positionieren. Etwas erschwert wurde dies durch einen vorgerückten Zentrumsbauern meines Gegners.

Runde 2 – Stellung nach 14. … d4

In der Folge konnte ich dann meinerseits die Bauernstruktur auf dem Damenflügel weitgehend festlegen und einen Bauernsturm auf dem Königsflügel vorbereiten. Beim Versuch, dies zu verhindern, schwächte mein Gegner seine Königsstellung.

Runde 2 – Stellung nach 25. … Sg6

Nach weiterer Vorbereitung konnte ich dann den Bauernsturm mit Stellungsöffnung starten und damit hatte ich verschiedene Drohungen, bei denen mein Gegner innerhalb weniger Züge erst den Überblick, dann eine Figur und schließlich die Partie verlor.

Runde 2 – Stellung nach 29. f5

Somit konnte ich auch in der 2. Runde meiner Favoritenrolle gerecht werden und erfolgreich mit 2 Siegen in das Senioren-Derby starten.


Runde 3

In der 3. Runde hatte ich dann an Brett 1 den Startranglisten-Ersten mit TWZ 2217 als Gegner. Damit waren die Erwartungen diesmal genau umgedreht und ich war mit über 300 Punkte weniger krasser Außenseiter.

In der Eröffnung hatte ich mit Weiß wieder nicht die besten Züge gefunden und musste bei frühzeitigem Damentausch die Rochade aufgeben. Da mein Gegner zunächst nicht die stärksten Züge spielte, konnte ich die Partie bis zum 15. Zug noch im Gleichgewicht halten.

Runde 3 – Stellung nach 15. … Le7

Dann hat aber ein schlechterer Zug dazu geführt, dass ich einen Bauern geben musste, meine Figuren nicht mehr harmonierten und mein Gegner mich Zug um Zug überspielte. So gab ich dann schon vor der Zeitkontrolle den ungleichen Kampf auf.

Auch die 3. Runde verlief somit erwartungsgemäß. Nun galt es, die Niederlage abzuschütteln und weitere Punkte zur Ziel-Erreichung zu sammeln.


Runde 4

Die Runde 4 musste ich an Brett 3 wieder mit Schwarz bestreiten und hatte den an 3 gesetzten Teilnehmer mit TWZ 1991 als Gegner. Da ich ca. 100 Punkte weniger hatte, blieben mir eher Außenseiter-Chancen, die ich aber nutzen und mindestens eine Punkteteilung erreichen wollte.

Und wieder kam ich nicht gut aus der Eröffnung und musste lange um Ausgleich kämpfen. Die offene C-Linie konnte ich zunächst mit einer Figur stopfen, um den Entwicklungsvorsprung mit verdoppelten Türmen und Einbruch in meine Stellung nicht zur Geltung kommen zu lassen.

Runde 4 – Stellung nach 15. Tfc1

Im Bestreben, die Stellung möglichst schnell aufzureißen, um seine aktiveren Figuren besser zur Geltung zu bringen, verpasste mein Gegner den notwendigen Vorbereitungszug und ermöglichte mir einen Konter, wonach ich eine Figur erobern konnte.

Runde 4 – Stellung nach 18. a4

Danach war mein Gegner so von der Rolle, dass er eine weitere Figur einstellte und danach die Partie aufgab.

Somit hatte ich nach 4 Runden 3 Punkte bei 2 Gegnern aus den 3 ersten der Startrangliste, lag auf Rang 3 und war daher hoch zufrieden. Jetzt galt es, in der Erfolgsspur zu bleiben und nicht, wie kürzlich beim DSAM-Finale, einzubrechen.


Runde 5

Runde 5 bescherte mir dann an Brett 2 eine Gegnerin, gegen die ich vor einigen Jahren beim Turnier in Bargteheide ein schmeichelhaftes Remis erreichen konnte. Ich hatte schwarz und war mit einer etwas besseren TWZ leicht favorisiert und wollte auf Sieg spielen.

Auch diesmal wich ich bereits frühzeitig, schon im 2. Zug, von den üblicherweise gespielten Zügen ab. Ich machte es an dieser Stelle aber sehr bewusst, um einer bestimmten Variante auszuweichen und meine Gegnerin zu einer scharfen Variante mit frühem Damenausflug zu provozieren. Dies gelang mir dann auch, jedoch trat meine Gegnerin dann wieder den Rückzug an, um nicht in schwer kalkulierbare Verwicklungen zu geraten, auf die ich mich vorbereitet hatte. So hatte ich umgehend den Eröffnungsvorteil meiner Gegnerin ausgleichen können.

Runde 5 – Stellung nach 13. … Sc4

Da meine Gegnerin auch weiterhin eher vorsichtig spielte und nicht das Läuferpaar aufgeben wollte, begab sie sich in eine passive Verteidigungsposition. Es gelang mir aber nicht so recht, in nennenswerten Vorteil zu kommen. Vielmehr konnte sich meine Gegnerin durch Abtausch vom Druck entlasten und Ihrerseits das Läuferpaar erobern. Ich hatte aber weiterhin die aktiveren Figuren und Angriffsmarken, so dass ich Bauerngewinn drohte.

Runde 5 – Stellung nach 33. Lc1

Im Bestreben, dies bei schon fortgeschrittener Bedenkzeit zu verhindern, geriet meine Gegnerin auf Abwege, so dass ich letztlich einen ganzen Turm gewinnen konnte. In dieser Situation gab meine Gegnerin dann auf.

Runde 5 – Stellung nach 35. … Db7

Somit hatte ich 4 Siege aus 5 Partien und lag auf dem hervorragenden Platz 2.


Runde 6

In Runde 6 hatte ich, wieder am 2. Brett, aber diesmal mit Weiß, den aktuell Drittplatzierten mit TWZ 1813 als Gegner. Damit war ich vom Papier her favorisiert. Allerdings hatte mein Gegner dem Zweiten der Startrangliste ein Remis abringen können und ich musste wieder voll konzentriert sein, um nicht unter die Räder zu kommen.

Diesmal kam ich gut aus der Eröffnung und hatte nach 10 Zügen einen leichten Stellungsvorteil. Ich wollte, ähnlich der 2. Partie, auf dem Königsflügel angreifen, während mein Gegner schon mit den Damenflügel-Bauern am Marschieren war. Leider hatte ich mich kurzzeitig von meinen Plan etwas ablenken lassen und selbst einen überflüssigen Bauernzug am Damenflügel gemacht, wodurch mein Gegner unnötigerweise Gegenspiel bekam.

Runde 6 – Stellung nach 13. a3

Durch die gegenläufigen Angriffe und den Königen in der Mitte ergab sich eine scharfe Stellung, in der es schwer war, immer die besten Züge zu finden, so wechselten die Vorteile nahezu von Zug zu Zug, wobei ich längere Zeit die Vorteile wegen vermeintlich besser stehender Figuren auf meiner Seite gesehen hatte.

Runde 6 – Stellung nach 21. … Sxb4

Leider hatte ich dann aber in fortgeschrittener Bedenkzeit bei richtiger Idee die Zugreihenfolge falsch gewählt, so dass mein Gegner seine Schwachstellen flicken konnte und selbst die Initiative wieder übernehmen konnte. Und als ich dann noch die falsche Verteidigungsidee verfolgte, kippte die Partie zu meinen Ungunsten.

Runde 6 – Stellung nach 26. Ld2

Nachdem ich eine Qualität verlor, mein Gegner auch noch einen starken Freibauern hatte und m eine Situation hoffnungslos wurde, gab ich dann auf.

Damit blieb es nach 6 Partien leider bei den 4 Siegen, ich rutschte auf den 4. Platz ab und etwas enttäuscht war ich schon. Aber es bestand noch die Hoffnung, meine selbst gesteckten Ziele zu erreichen.


Runde 7

Die 7. und letzte Runde brachte mir am 2. Brett den vor mir liegenden Startranglisten-Zweiten mit einer TWZ von 2079 als Gegner. Bei knapp 200 Punkten weniger und dazu noch mit Schwarz hatte ich natürlich nur Außenseiter-Chancen.

Ich wählte nochmals die wenig gespielte Eröffnung der 5. Runde. Mein Gegner ließ sich aber nicht provozieren und machte sichere Entwicklungszüge. In der Folge bot ich einen Bauern an, dessen Schlagen mit der Dame mir Kompensation durch massives Gegenspiel ermöglicht hätte. Aber auch hier machte mein Gegner weitere Entwicklungszüge. Und als ich den Bauern weiter stehenließ, war er dann ohne ausreichende Kompensation zu nehmen.

Runde 7 – Stellung nach 12. … d6

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Gegner an den Nachbarbrettern bereits auf Friedensschlüsse geeinigt und ich bot bei noch etwas unklarer Stellung, aber schon hohem Zeitverbrauch meines Gegners meinerseits auch Remis an. Dieses akzeptierte mein Gegner, was unter den Randbedingungen (aktuelle Stellung, TWZ) doch etwas schmeichelhaft für mich war. Aber ich konnte mit dem Remis in der letzten Runde den 4. Platz im Senioren-Derby verteidigen.


Turnier-Fazit:

Ich konnte einerseits meinen Startlistenplatz halten (bzw. sogar knapp verbessern) und ebenso meine DWZ um über 20 Punkte verbessern, habe damit meine selbst gesteckten Ziele erreicht und bin mit dem Turnier grundsätzlich zufrieden. Dabei habe ich aber auch neue Erkenntnisse über meine Defizite gewonnen und will versuchen, diese Defizite mit entsprechendem Training zu verringern.

Siegerehrung – Kategoriepreise


Ergebnisübersicht Senioren-Derby

Die Ergebnisse des Senioren-Derbys sind über verschiedene Webseiten abrufbar. Hier ist der entsprechende Link zur Berichterstattung.