Bao wird Meister der Europäischen Union

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Zum ersten Mal in unserer Treptower Schachgeschichte wurde ein Spieler vom Bundesnachwuchstrainer für eine internationale Meisterschaft nominiert.

Eigentlich wollte Bao ja dieses Jahr zur Weltmeisterschaft nach Südafrika fahren (und auch dafür hätte er die Nominierung erhalten), aber (schach)politische Ränke (kein Trainer vor Ort) und die doch sehr weite Anreise (mehr als 18 Stunden Flug) ließen uns davon Abstand nehmen. Die Europameisterschaft sollte es auch nicht sein, da zum selben Zeitpunkt Sebnitz ansteht (das letzte Mal für Bao und das will er sich auf keinen Fall entgehen lassen). Also blieb noch die Meisterschaft der Europäischen Union, die vom DSB aus beschickt wird. Recht kurzfristig beschlossen wir, dass dies das erste Turnier in der „großen, weiten Welt“ sein sollte. Aus Erfahrung war zu erwarten, dass hier ca. 20-30 Kinder in Baos Altersklasse antreten werden. Also ein recht familiäres Turnier (im Gegensatz zur WM, an der immerhin ca. 180-200 Kinder teilnehmen). Also machten sich Bao und seine Mama am vergangenen Dienstag auf den Weg ins Altvattergebirge, wo sie gegen 21:30 Uhr nach ca. 9 Stunden Zugfahrt ankamen. Erster Schock: der DSB hatte die Kosten für seine Teilnehmer noch nicht gezahlt. Nach einigem Hin und Her wurde die Problematik auf den nächsten Tag verschoben und unter den Funktionären zufriedenstellend gelöst. Am nächsten Tag ging es dann richtig los. Aus der Startrangliste war ersichtlich, dass nur 5 Kinder überhaupt über eine ELO-Zahl verfügten, Bao hatte von diesen 5 die Höchste und war daher an 1 gesetzt. Aber was bedeutet das? Eigentlich nichts! Denn von den Spielern ohne ELO-Zahl weiß man einfach noch nicht, wie gut sie sind. Die Runden finden immer nachmittags um 3 statt (außer die letzte), so dass man lange ausschlafen kann. Ein relativ kurzer heftiger Angriff von Bao führte schnell zu einem erfolgreichen Ende. Am nächsten Tag stand ein Spiel gegen die einzige bulgarische Vertreterin in der u8 an. Ein interessantes Spiel entwickelte sich, in dem Bao mit großer Umsicht einen Figurengewinn verschmähte, dafür lieber einen Bauern gewann und diesen gewohnt sicher zu einem Sieg verwandelte. Am dritten Tag spielte er gegen einen Rumänen ohne EL-Zahl. Schon hier wurde klar, Vorbereitung schwierig! Es gab ja nur die zwei Partien aus dem Turnier. Diese sind allerdings sofort, sogar während der Partie verfügbar, denn alle Spiele werden auf DGT-Brettern ausgetragen und sind damit sofort im Internet sichtbar. Jedenfalls gibt es von Bao massenweise Partien im Internet, von seinen Gegnern kaum. Die Rumänen waren schon im letzten Jahr sehr stark und belegten die vorderen Plätze in der u8. Also war Bao auf einen guten Gegner eingestellt. Als ich am frühen Abend zu unserer Jugendversammlung aufbrach, dachte ich, die entstandene Stellung würde Bao wohl verlieren, aber letztlich mündete sie in ein deutliches Remis. Am nächsten Tag war der an 2 gesetzte Franzose Thimote Baos Gegner. Auch hier war irgendwie nicht mehr als ein Remis drin. In der nächsten Runde sollte es gegen einen bisher stark spielenden Polen gehen. Die Partie gestaltete sich günstiger für Bao, da der Gegner sich freiwillig einen rückständigen Bauern verschaffte. Leider hatte Bao das Prinzip der 2 Schwächen noch nicht richtig verinnerlicht und tauschte den rückständigen Bauern beim Versuch eines aktiven Spiels ab. Leider war danach nicht mehr als eine Remisstellung übrig. Am Montag in Runde 6 sollte es dann wieder ein bisschen mehr werden. Am Vormittag hatten wir noch den im Nachbarort befindlichen Supermarket erkundet und dabei ausgiebig frische Luft geschnappt, denn auf dem Hinweg waren wir zu Fuß unterwegs und der Weg zog sich ganz schön… Zurück ging es dann per Zug. Die frische Luft schien Bao gut getan zu haben. Nach einer recht ungewöhnlichen Eröffnung entwickelte sich ein Endspiel mit zwei Leichtfiguren gegen einen Turm. Es hätte sehr interessant werden können, aber vorher fing Bao mit seinen Leichtfiguren den Turm ein. Für diese Leistung erhielt er am nächsten Tag den Rundenpreis für die beste Partie in der u8.
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Heute ist nun ein sehr stark spielendes Mädchen aus Ungarn seine Gegnerin. Wir haben uns recht lange darauf vorbereitet, aber wer weiß, womit sie Bao überraschen wird. Heute Morgen hatten wir uns für eine Exkursion zur ältesten Papiermühle Mitteleuropas angemeldet. Doch als wir vor das Hotel kamen, war dort nichts zu sehen. Schnell runter zur großen Straße, aber auch nichts. Als wir wieder hochstiegen, kam uns dann der Bus entgegen und so konnten wir doch noch einsteigen. Eine kurze Fahrt führte uns zu der Mühle. Auf dem Plan standen: Museum angucken, Film schauen und dann die noch heute stattfindende Produktion besichtigen. Eine kurzweilige Angelegenheit, die wir zum Schluss mit einem Einkauf im Hauseigenen Shop beendeten. Eine rundum gelungene Sache.
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Die Partie am Nachmittag gestaltete sich sehr interessant, da beide Königsstellungen geöffnet waren. Aber Bao rechnete gut und konnte seinen Angriff erfolgreich abschließen. Mit diesem Sieg hatte er sich wieder ans erste Brett vorgekämpft. Es ging nun gegen den noch ein Jahr jüngeren Cosmin aus Rumänien. Bao war vor diesem Spiel sehr aufgeregt. Er dachte, dass er unbedingt gewinnen müsse, wenn er noch Erster werden wollte. Zur Ablenkung gingen wir vormittags zu einem schönen Holzfällerspielplatz.
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Die Partie wurde dann zum Nervenspiel, in dem Bao in eine verlorene Position geriet, aber er kämpfte weiter und im Endspiel “schenkte” ihm Cosmin einen halben Punkt. Der Titel war damit außer Reichweite, so dachten wir zumindest. Zur letzten Runde stand dann ein Spiel gegen den am Anfang führenden Franzosen Rajat Makkar an.
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Auch hier galt, nur ein Sieg kann noch einen Platz auf dem Treppchen ermöglichen. Diesmal brauchte ich nicht so lange zittern, schon nach 2,5 Stunden kam Bao angerannt und verkündete seinen Sieg. Juhuu! Da der andere Franzose Timothe gegen Baos gestrigen Gegner gewinnen konnte, waren plötzlich beide an diesem vorbei gezogen und hatten nun 7 Punkte. Die Wertung war jedoch völlig unklar. Die französischen Trainer rechneten und kamen zu einem Sieg für Bao. Aber sicher waren sie sich nicht. Während des Mittagessens wurde es dann endlich klar und die ersten Gratulationen von verschiedenen Eltern erfolgten. Wir konnten es kaum glauben. Und es war wirklich hauchdünn. Erst die dritte Wertung entschied mit 0,5 Punkten Vorsprung für Bao. Bis zur Siegerehrung gingen wir wieder etwas spazieren. Dann war es soweit. Alle Preise waren in einem großen Saal aufgebaut, die Wände wie im Spielsaal mit den teilnehmenden Länderflaggen dekoriert. Lange mussten wir nicht warten, denn die u8 wurde als erstes geehrt. Also war Bao der erste, der seinen Pokal entgegennehmen durfte. Außerdem erhielt er einen niegelnagelneues Notebook. Ein wirklich schöner Preis! Nur etwas sperrig für eine Rückfahrt mit dem Zug. Ebenso wie der riesige Pokal!
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Um an diesem Tag noch nach Berlin zu kommen, mussten wir ein Taxi zum nächsten großen Bahnhof nehmen. Bereits im Zug nach Prag wurde der Pokal so instabil, dass wir ihn außereinandernehmen mussten und ihn nun als ´Bausatz in meinem Rucksack transportieren konnten. In Prag hatten wir 5 Minuten Verspätung und damit noch 7 Minuten zum Umsteigen. Auf die Minute stiegen wir in den Zug nach Berlin, mussten uns aber noch mit dem gesamten Gepäck vom letzen Wagen in den ersten kämpfen. Nach weiteren 5 Stunden kamen wir ziemlich erschöpft, aber doch sehr glücklich wieder in Berlin an.
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Jana Schneider erwischte leider kein gutes Turnier. Auch wenn die Partien ok waren, blieben die Ergebnisse hinter den Hoffnungen zurück und so erreichte sie nur den 18. Platz in der u12. Ihr Vater Ingo hatte in den ersten Tagen Baos schachliche Betreuung übernommen. Vielen Dank dafür und die schönen Fotos von der Siegerehrung.